Als sie - nur Sekunden nach ihrem erstgeborenen Bruder Althasar - zur Welt kam, schrie sie wie am Spiess. Das ist Analia, "die, die ruft", kommentierte ich den lautstarken Aiftritt. Und in der Tat: Der Kiswahili-Name ist ihr geblieben. Ergänzt allerdings durch die Bezeichnung der südafrikanischen Xhosa für ihre Ahnen: "Amathongo". Der Name Amatonga Analia heisst also auf Kiswahili-Xhosa soviel wie "die ihre Ahnen ruft".
Genannt wurde Bintis schöne Tochter allerdings meist in der Kurzform Matonga oder auch - in schweizerischer Liebe zum Diminutiv - Töngeli. 2006 wurde Matonga Mutter unseres B-Wurfs; Vater war der legendäre holländische Multichampion Abuya Balou VAN HET MAASJESFLES von Stella Katharina Strackbein - den wir uns schon hatten reservieren lassen, als er noch keinen Wurf und keinen Champion-Titel hatte! Aus dem Wurf haben wir für unseren MAKOLOLO-Kennel das kleine "Frl. Rot" behalten: MAKOLOLO Bamuthi wa Binti Buyuni. Eine Schwester von Buyuni, MAKOLOLO Bali, ging zu Christine und Urs Breitenmoser, den zoologischen Leitern des KORA-Projekts für die Ansiedlung der Luchse in der Schweiz - ein Löwenhund, der seine Luchs-Tauglichkeit unter Beweis stellen darf!
An Ausstellungen holte Amatonga Zeit ihres Lebens die Formwertnote "Vorzüglich" - obwohl sie sich im Ring stets von ihrer widerborstigsten Seite zeigte. RR-Spezialrichter J.P.Achtergael aus Belgien brachte es einmal mit charmantem Französisch-Akzent auf den Punkt, als er ihre verachtungsvolle Miene interpretierte: "Sie 'at 'eute keine Lüste!" Richtig: Sie hatte für Ausstgellungen eigentlich nie "Lüste", und so durfte sie denn auch lange Zeit dem Ring fernbleiben. Erst nach ihrem 8. Geburtstag stellten wir die eigentlich so schöne Hündin in der Veteranenklasse wieder vor, und siehe da: Innerhalb von nur drei Monaten holte sie den Titel eines "Schweizer Veteranen-Schönheits-Champions" - dies trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer so offen zu Schau gestellten Verachtung für diese Art Miss-Wettbewerb. Jetzt, in der Altersklasse der Weisen und Abgeklärten, fanden nämlich die meisten Richter Matongas Weigerung, sich präsentieren zu lassen wie eine dumme kleine "Miss" als ausgesprochen charmant, charaktervoll und, ja eben, Ridgeback-typisch.
Mit gut zehn Jahren wurde bei Matonga ein Hirntumor diagnostiziert. Sie hat ihre letzte Ruhe neben ihrer Mutter Binti im Horngarten am Ufer des Zürichsees gefunden. Wir haben mit ihr die vielleicht grösste Persönlichkeit unserer Hunde verloren. Sie fehlt uns.
Liebesbrief an einen Hund
Für MATONGA
Kennen Sie das auch, diese Leere, die manchmal in einem ist? Nein, ich meine damit nicht das Sommerloch, sondern die Leere, wenn einen jemand verlassen hat, an dem das Herz hing. Es ist schlimm, wenn ein geliebter Mensch gehen muss, aber manchmal reicht es auch, wenn ein Tier geht und man fühlt sich wie der einsamste Mensch auf dieser Erde. Ein Hund, der zu viel gebellt hat, verfressen war und auch im hohen Alter noch Türen kaputt gemacht hat. Ein Hund, der fehlen wird, da er - oder besser gesagt sie - zwar Streiche im Kopf hatte, aber auch sehr viel Liebe für ihre Menschen im Herzen. Ein Hund, der auch zeigt, was wirklich wichtig ist im Leben und dass dies etwas ist, was man mit keinem Geld der Welt kaufen kann: Liebe und Zuneigung - sei sie menschlicher oder tierischer Art.
Hunde sterben jeden Tag, was geht es mich an, wenn der Familienhund der Redaktorin das Zeitliche segnet, denken Sie? Vielleicht haben Sie Recht bei so viel Gefühls-Exhibitionismus, doch vielleicht denken Sie das nächste Mal auch zweimal nach, bevor Sie das Familienmeerschweinchen aussetzen, weil es nicht in die Ferienplanung passt, oder wenn Sie fordern, dass der Pudel der älteren Nachbarin ausziehen müsse, weil er zu viel kläfft. Tiere sind zwar keine Menschen, doch der Schmerz, wenn sie gehen, ist deshalb so gross, weil sie uns zu Lebzeiten so unendlich viel gegeben haben. Und gerade in unserer hochtechnologisierten Welt spielen sie eine grosse Rolle, indem sie einsamen, aber auch weniger einsamen Seelen Trost spenden und uns zum Lachen bringen.
In diesem Sinne sage ich: Lebe wohl, TÖNGELI, du fehlst....
("A propos" von Philippa Schmidt in der Zeitung "Küsnachter"/Lokalinfo Nr. 30/31 vom 26.Juli 2012)
Fotos by Anabel
AMATONGA & BUYUNI fotografiert von Ana Isabel Gomez Navarro.