Der Österreichische Pinscher

Der Österreichische Pinscher: Torfhund der Pfahlbauer und Kulturgut auf vier Pfoten

Rasseportrait von Annemarie Schmidt-Pfister

Der Österreichische Pinscher ist alles andere als ein „durchgezüchteter“ Modehund – er ist vielmehr ein urstämmiger, robuster Bursche, wesensfest, gesund und stets zu allen Unternehmungen bereit. Mit seiner mittleren Grösse und dem pflegeleichten Fell sowie seiner hellwachen Präsenz ist er genau das, was heute so viele Menschen suchen: ein idealer Familienhund und stets verlässlicher Kumpel im Alltag und bei Freizeitunternehmungen.

Wanderungen sind immer „sein Ding“ und für viele Hundesportarten wie z.B. Agility, Mobility oder Fährtenarbeit ist er zu begeistern. Der ÖPi, wie er von seinen Anhängern kurz und liebevoll genannt wird, ist auf jeden Fall keine Sofa-Rolle, sondern ein „richtiger“ Hund, der mit allen vier stämmigen Beinen auf dem Boden steht. Und dessen Herz immer und jederzeit für seine Familie schlägt.

Kein „Baschterli“

Junghündin Sisi Sultanine vom Bunten Hundehof

Junghündin Sisi Sultanine vom Bunten Hundehof.

Neben vier Jagdhunderassen – allesamt Bracken – haben unsere östlichen Nachbarn noch eine fünfte Hunderasse: Der Österreichische Pinscher ist eine von der FCI anerkannte Hunderasse aus Österreich, der in die Gruppe 2 (Pinscher und Schnauzer) gehört. Die Fédération Canine Internationale (FCI) führt die Rasse unter dem Standard Nr. 64.

Während seine deutschen Verwandten – Deutscher Pinscher und Zwergpinscher – weitherum bekannt sind, kennt kaum jemand den Österreichischen Pinscher auf Anhieb, und wer sich z.B. im Internet über die Rasse informieren will, wird sich erst einmal die Augen reiben: Die Bilder, die hier aufscheinen, zeigen mittelgrosse, stämmige Hunde, keiner sieht aus wie der andere – lustige Promenadenmischungen, wie man auf den ersten Blick meint.

In Tat und Wahrheit ist der „Bauernköter“ alles andere als eine Promenadenmischung. Vielmehr gehört er zu einer der ältesten Hunderassen Europas: Er ist nämlich der direkte Nachkomme des „Canis palustris“, des Torfhundes der Pfahlbauer – ein „Überbleibsel“ und gleichzeitig ein Botschafter aus der Stein- und Bronzezeit. Knochen solcher Hunde hat man in ganz Mitteleuropa gefunden und Grabbeigaben zeigen, dass offenbar schon unsere Ahnen den kleinen Kerl ins Herz geschlossen hatten.

 

 

„Birne“ und Ringelrute

Sisis Mutter Papaya im Herbstlaub

Flying ÖPi – Sisis Mutter Papaya im Herbstlaub.

Mittelgrosser, stämmiger Hund mit aufgewecktem Gesichtsausdruck. 42 bis 50 cm gross, ca. 14 bis 20 Kilo schwer. Fell meist kurzstockhaarig, manchmal auch langstockhaarig. Farben von Semmelgelb über Braungelb und Hirschrot bis Schwarzloh, oft mit weissen Abzeichen. Die Rute ist hoch angesetzt und kräftig und wird als Säbel- oder Ringelrute getragen. Der Kopf hat kaut Standard „Birnenform“ und die Knopf-, Kipp- oder Hängeohren sind hoch angesetzt. Breiter, robuster und „urtümlicher“ als der Deutsche Pinscher.

 

 

 

 

 

Stets „auf dem Sprung“

Will man einen zufriedenen ÖPi haben, muss man dessen ungeheuren Tätigkeitsdrang befriedigen. Dem Österreichischen Pinscher ist (ganz im Gegensatz zum Ridgeback!) faules Nichtstun absolut zuwider! Er bewegt sich gerne und viel, spielt mit grossem Vergnügen (allein und gemeinsam mit Artgenossen oder Menschen) und ist für fast jede Hundesportart zu haben. Unsere Sisi beispielsweise trainiert begeistert Wassersport und ist (auch wieder im Gegensatz zu den Ridgebacks!) eine unermüdliche Wasserratte!

 

Von misstrauisch bis verschmust

Drei Hündinnen einer Rasse

Drei Hündinnen einer Rasse – typische ÖPis.

Überaus aktiv, lebhaft, aufmerksam, spielfreudig und anhänglich bis verschmust mit vertrauten Menschen. Fremden gegenüber kann der ÖPi aber auch recht distanziert und misstrauisch sein.

 

Vom Aussterben bedroht

Der Österreichische Pinscher entstammt dem altösterreichischen Landpinscher, wie er noch im letzten Jahrhundert auf vielen Höfen anzutreffen war – bis heute ist er ein Haus-und-Hof-Hund geblieben, durchaus vergleichbar mit dem Entlebucher und dem Appenzeller Sennenhund in der Schweiz.

Vor hundert Jahren begann der bekannte österreichische Kynologe Emil Hauck, Landpinscher zusammenzusuchen und sie zielgerichtet in die Zucht zu bringen – 1928 wurde die Rasse von ÖKV und FCI als Österreichischer kurzhaariger Pinscher anerkannt. Der Bestand ging indes noch einige Zeit weiter zurück, bis in den Siebzigerjahren nur noch ein einziger Rüde – Diokles von Angern – übrig war. Mit diesem und unter Zuhilfenahme von Landpinschern gelang es, die Rasse trotz dieser Engpässe zu erhalten und wieder aufzubauen.

is heute läuft parallel zur Rassezucht ein „Landpinscher-Projekt“, in dem kontrolliert phänotypisch ähnliche Hunde züchterisch eingesetzt und nach drei sogenannten „Registergenerationen“ – sofern sie dem Rassebild entsprechen – der Reinzucht zugeführt werden. Im Jahr 2000 wurden die kurzen Haare aus dem Standard genommen und die Rasse heisst seither offiziell Österreichischer Pinscher. Für Anhänger und Fans – von denen es immer mehr gibt – kurz und bündig einfach ÖPi.

 

 

Hüter von Haus und Hof…

Philippa und Sisi stechen in See

Philippa und Sisi stechen in See

Die ursprüngliche Funktion des Österreichischen Pinschers war es, Haus und Hof zu bewachen – für seine Menschen und seinen „Besitz“ ging der mutige Rabauke jederzeit durchs Feuer. Und genau dies tut er auch heute noch: Der ÖPi ist stets loyaler Begleiter und Freund seiner Familie – auf ihn ist jederzeit Verlass.

Ist er in vertrauter Umgebung, braucht der ÖPi kaum je eine Leine: Er ist immer in der Nähe seiner Menschen und verlässt Haus und Hof nie weit (ausser vielleicht, wenn in der Nachbarschaft gerade eine läufige Hündin verlockend duftet…). Der ÖPi ist zwar von Natur aus das, was man einen „Landburschen“ nennt, doch kann man ihn gut auch an städtische Umgebung gewöhnen – dann allerdings zu seiner eigenen Sicherheit besser mit Leine. Er ist ein zuverlässiger und unbestechlicher Wachhund und meldet mit Gebell jeden Eindringling.

… ohne Jagdtrieb

Jagdtrieb hat er praktisch keinen – ausser gegenüber Mäusen und Ratten, die er auch früher schon auf dem Bauernhof „kurz halten“ musste. Geflügel könnte ihn durchaus auch reizen – aber er lernt schnell, dass dieses „zum Hof gehört“ und beschützt werden soll. Gleiches gilt übrigens auch, wenn an die Stelle des Bauernhofs eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus und an die Stelle von Hühnern, Gänsen und Puten Kanarienvögel oder Schildkröten treten – auch sie wird der ÖPi mit seinem grossen Herzen schnell als Familienmitglieder akzeptieren.

 

Der Österreichische Pinscher in Kürze

  • Der ÖPi entstammt dem altösterreichischen Landpinscher der früher auf den Bauernhöfen weit verbreitet war. 1921 wurde mit einer planmässigen Reinzucht begonnen, 1928 die Rasse national und international anerkannt. In den Siebzigerjahren war die Rasse nahe am Aussterben; heute gibt es insgesamt ca. 800 ÖPis, die Hälfte davon in Österreich. Parallel zur Reinzucht gibt es auch heute noch ein sog. „Landpinscher-Projekt“. Wenige ÖPis leben heute noch als Hofhunde, die meisten als Familien-, Begleit- , Sport und Therapiehunde.
  • Die FCI hat den Österreichischen Pinscher unter der Standard-Nummer 64 in die Gruppe 2, Schnauzer und Pinscher, eingeteilt. Grösse und Gewicht betragen für Rüden 44 bis 50 cm und 14 bis 20 kg, für Hündinnen 42 bis 48 cm und 14 bis 18 kg
  • Österreichische Pinscher sind pflegeleicht: das Fell ist in der Regel kurzstockhaarig, kann aber auch einmal länger sein. Es gibt offiziell vier Farben: Hirschrot, Semmelgelb, Braungelb und Schwarzloh. Weisse Abzeichen sind erwünscht, aber nicht vorgeschrieben.
  • Die Rute ist kräftig und dicht behaart und wird säbelförmig oder als „Posthorn“ getragen. Die Ohren sind hoch angesetzt und meist Kipp- oder Hängeohren. Kräftiger Knochenbau..
  • Der ÖPi ist ein munterer, aktiver Hund, der ständig etwas unternehmen möchte. Er ist Fremden gegenüber eher distanziert, darf aber nicht aggressiv oder ängstlich sein; an „seine“ Menschen ist er sehr anhänglich.

Wir danken Sisis Züchterin Deborah Korn für die Überlassung des Copyrights einiger Fotos ihrer Hunde aus dem Kennel „Vom Bunten Hundehof“ in Langenegg/Bregenzer Wald.

Ein ganz besonderes Dankeschön aber geht an Deborah für Sisi selbst, die wir alle so sehr ins Herz geschlossen haben!